200 Jahre Stadtgeschichte komplett online und mittels künstlicher Intelligenz recherchierbar

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Seit kurzem ist es möglich, alle vom Rat der Stadt Bautzen zwischen 1623 und 1832 geführten Ratsprotokolle online zu nutzen. Sie sind eine äußerst wichtige Quelle für Forschende, denn in diesen Protokollbänden finden sich nahezu alle Ereignisse und Angelegenheiten der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Neben Informationen zu Baumaßnahmen, Verpachtungen oder Verkäufen finden sich Informationen zu Streitfällen, zur Sozialfürsorge oder zur Steuererhebung. Außerdem dokumentieren die Protokolle die personelle Zusammensetzung des jährlich wechselnden Stadtrates und der einzelnen Ratsämter. Der Rat tagte in der Regel einmal in der Woche und aus den Beschlüssen und Besprechungsinhalten heraus erstellte der Stadtschreiber die Protokolle.

Da es zu dieser Zeit naturgemäß noch keine Schreibmaschine oder andere Hilfsmittel gab, wurden sie von Hand erstellt. Der Schreiber schrieb in der damals gebräuchlichen Kanzlei- und Kurrentschrift, die für Laien heute nur schwer lesbar ist. Hierbei hilft die Software „Transkribus“, die mittels künstlicher Intelligenz alte Schriften erkennt und in lesbare Texte am Computer umwandelt. „Transkribus“ wurde von der Gesellschaft READ-COOP unter der Leitung der Universität Innsbruck geschaffen und wird stetig weiterentwickelt. Das gelingt nur, wenn die Plattform mit großen Datenmengen gefüllt wird, um sie immer weiter zu trainieren. Hier kam den Bearbeitern der Bestand der Bautzener Ratsprotokolle, immerhin 256 Bände mit ca. 53.000 Seiten, gerade recht.

Einige der Bände konnten im Zuge der ersten Bearbeitung 2021 nicht mit übergeben werden, da die Bände in einem sehr schlechten Erhaltungszustand waren und vor einer Digitalisierung erst noch restauriert werden mussten. Das konnte im Jahr 2022 realisiert werden und ab sofort sind alle Bände unter https://transkribus.eu/r/bautzen-ratsprotokolle/#/ nutzbar. Der besondere Vorteil ist, dass über den Suchschlitz Suchbegriffe oder auch Namen eingegeben werden können und das System über alle 256 Ratsprotokolle hinweg entsprechende Einträge sucht und anzeigt. Dabei ist zu beachten, dass es sich beim System nicht um eine vom Menschen angefertigte Transkription handelt, sondern dass hier eine künstliche Intelligenz am Werk war. Auf Grund der teilweise sehr schwierig zu lesenden und auch sehr wechselnden Schriften ist die Fehlerquote im System nicht unbeträchtlich. Dennoch ist das Angebot ein gutes Werkzeug, um Inhalte über 200 Jahre Stadtgeschichte gezielt suchen zu können und einen ersten Einstieg in die Protokolle zu bekommen. Die eigene kritische Betrachtung der angezeigten Texte ist im Nachgang allerdings weiter notwendig.

Ergebnis einer Suche nach dem Stichwort „Schule“ und Anzeige einer entsprechenden Fundstelle.

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