Bautzen investiert in die Zukunft – trotz Defizit

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Hunderteuroscheine und Fünfzigeuroscheine gestapelt

In der ersten Lesung zum Haushalt 2022 verwies Finanzbürgermeister Dr. Robert Böhmer bereits darauf, dass es sich in diesem Jahr um keinen gewöhnlichen Haushalt handelt. Die ökonomischen und finanziellen Rahmenbedingungen sind denkbar schwierig und unsicher. Steigende Betriebskosten und ein gleichzeitiger Anspruch an Investitionen bei gleichzeitig stagnierenden Einnahmen machen einen Haushaltsausgleich immer komplizierter. Viele Weichenstellungen sind vor dem Hintergrund der anstehenden Oberbürgermeisterwahl emotional aufgeladen.

Letztendlich wurde der Haushalt 2022 in der Stadtratssitzung 9.2.2022 aber von einer deutlichen Mehrheit der Stadträte verabschiedet – 22 Ja-Stimmen, nur 2 Gegenstimmen, bei 5 Enthaltungen. Zuvor wurden einzelne Änderungen und mögliche Sperren auf einzelne Haushaltspositionen diskutiert. Entschieden wurden dabei eine perspektivische Deckelung der Stellenzahl der Verwaltung auf 250 Vollzeitäquivalente und eine Sperre auf die Ausgabe finanzieller Mittel in Höhe von 200.000 Euro zur weiteren Planung der möglichen Brücke vom Protschenberg zur Ortenburg im Jahr 2022.

Die wesentliche Schwierigkeit des gegenwärtigen Haushalts ist die Schere zwischen den jährlichen Einnahmen und den geplanten Ausgaben. Tatsächlich besteht im Jahr 2022 ein Finanzierungsdefizit von rd. 5,6 Mio. Euro. Dabei hatte der Finanzbürgermeister bereits zum Vorjahreshaushalt den Stadtrat eindringlich gewarnt: „Auch die Stadt Bautzen kann nur so viel ausgeben, wie sie einnimmt“. Um dieses Defizit zu schließen und trotzdem nicht auf zukunftsweisende Investitionen zu verzichten, müssen Teile der städtischen Rücklagen aufgewandt werden. Dies setzt natürlich voraus, dass entsprechende Beträge überhaupt vorhanden sind. Denn diese Finanzrücklagen dienen primär eigentlich der Finanzierung der Investitionen im Mittelfristplan. Die Entnahme aus der Finanzrücklage funktioniert nur, weil in Bautzen seit 2012 haushaltspolitisch stetig sehr gut gewirtschaftet wurde. Langfristig geht ein solcher Mittelverbrauch allerdings zu Lasten künftiger Investitionen.

Dennoch ist es auch in diesem Jahr wieder gelungen, einen zustimmungsfähigen und rechtskonformen Haushalt vorzulegen. So wurden die Leistungen für soziale Träger, die im letzten Jahr etwas gekürzt werden mussten, im Wesentlichen wieder an das Niveau von 2020 angeglichen. Der Zuschuss für das Deutsch-Sorbische Volkstheater (Landkreis) muss sogar leicht erhöht werden − auf mittlerweile 957.000 Euro.
Und die Stadt kann auch 2022 Investitionen von über 12 Mio. Euro finanzieren. Schwerpunkte sind Brandbekämpfung, Digitalisierung, Oberschulen, Gemeindestraßen und Gewässer. Das Außengelände und die wichtige Sporthalle an der Dr.-Salvador-Allende-Oberschule können begonnen werden.

Eckpunkte des Haushalts 2022
Für das Jahr 2022 rechnet die Stadt Bautzen mit Erträgen in Höhe von rd. 87,9 Mio. Euro. Diese resultieren u. a. aus Steuern, Allgemeinen Schlüsselzuweisungen, Leistungsentgelten, Kostenerstattungen oder Konzessionsabgaben.
Um die Erträge zu stärken, beschlossen die Stadträte im September des vergangenen Jahres eine Erhöhung des sogenannten Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 460 v. H. und erstmals seit 1996 eine Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer auf 420 v. H.
Unmittelbar auf diese Entscheidung des Stadtrates sind zusätzliche Einnahmen in Höhe von circa 850.000 Euro bei der Gewebesteuer und 400.000 Euro bei der Grundsteuer B zurückzuführen.

Insgesamt wird ein Realsteueraufkommen von rd. 23,4 Mio. € erwartet. Dagegen sinken die Allgemeinen Schlüsselzuweisungen – vor allem vor dem Hintergrund eines geänderten Finanzausgleichs der Kommunen – tendenziell in den nächsten Jahren.
Letztendlich ist es vor dem Hintergrund verschiedener Entwicklungen 2022 nicht möglich, den Haushalt auszugleichen. Der aktuelle Haushaltsplan sieht rd. 93,5 Mio. Euro an jährlichen Aufwendungen vor. Die Personalkosten mit rund 28,8 Mio. Euro nehmen dabei eine der zentralen Positionen ein. Dieser Haushaltsposten war bei den Stadträten am meisten umstritten und führte im Vorfeld zu breiten Diskussionen. Ein höherer Personalschlüssel in den Kindertagesstätten sowie die Umsetzung des Brandschutzbedarfsplanes erforderten in den zurückliegenden Jahren eine Aufstockung des Stellenplanes. Dazu kamen in der Vergangenheit auch die Besetzung einzelner neuer Verwaltungsstellen aufgrund neuer und zusätzlicher Aufgaben. Die Stadträte und die Stadtverwaltung einigten sich daher auf eine Obergrenze für den Stellenplan mit Ausnahme des pädagogischen Personals sowie der Feuerwehr, um auch zukünftig den Haushalt nicht zu gefährden. Damit soll ein weiterer drastischer Anstieg der Personalkosten vermieden und künftigen Finanzierungsengpässen entgegengewirkt werden.

Die Gründe, dass die Stadt im laufenden Jahr mehr ausgeben wird, als sie einnimmt, sind nicht in jedem Fall durch die Stadt selbst beeinflussbar. Das Defizit begründet sich entscheidend auch aufgrund der gestiegenen Kreisumlage. So hat die Stadt voraussichtlich eine Umlage an den Kreis in Höhe von mittlerweile 18,2 Mio. Euro direkt abzuführen. Das sind über 2 Mio. mehr als die Stadt selbst an Allgemeinen Schlüsselzuweisungen (16 Mio. Euro) vom Freistaat erhält. Dieser Entwicklung sieht die Stadt mit Sorge entgegen.

Des Weiteren fällt eine Gewerbesteuerumlage in Höhe von rd. 1,7 Mio. Euro an, die an Bund und Land abzuführen sind. Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen steigen um rd. 2 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr auf rd. 15,8 Mio. Euro. Hier finden sich höhere Ausgaben für die Digitalisierung sowie Unterhaltungs- und Instandhaltungsleistungen in den Schulen wieder. Allein für die Dr.-Salvador-Allende-Oberschule wurden hier mehr als 1 Mio. Euro zusätzlich eingeplant, um notwendige Maßnahmen am eigentlichen Schulgebäude schon vor dem Beginn einer künftigen grundhaften Sanierung absichern und ausführen zu können.

Trotz Defizit investiert die Stadt in eine lebenswerte Zukunft
Trotz schwieriger ökonomischer und finanzieller Rahmenbedingungen bei der Haushaltsaufstellung ist es 2022 nochmals gelungen, Freiwilligkeits- und Soziale Leistungen weitgehend aufrechtzuerhalten bzw. sogar wieder etwas zu stärken. Zudem realisiert die Stadt Bautzen auch in Zukunft noch ein herausforderndes Investitionsgeschehen – allein im unmittelbaren Haushaltsjahr in Höhe von über 12 Mio. Euro.

Trotz allem fanden die schon mehrfach diskutierte Sanierung der Paulistraße sowie die Errichtung eines neuen Feuerwehrgerätehauses in diesem Jahr noch keinen Platz unter den unmittelbar umzusetzenden Vorhaben. Beide Themen sind jedoch nicht aus den Augen verloren, sondern sollen im nächsten Plan 2023 neu bewertet und möglichst zur Umsetzung geführt werden.

Gemeinsam mit den Stadträten ist es nach intensiver Diskussion gelungen, einen zustimmungsfähigen Haushalt ohne Kreditermächtigungen und Schulden der Rechtsaufsicht vorzulegen. Dennoch sind langfristig weitere stringente Sparbemühungen (Konsolidierungsmaßnahmen) nötig, um die jährlichen städtischen Einnahmen und Ausgaben wieder ins Lot zu bringen.
Daran gilt es, rechtzeitig vor der nächsten Planungsrunde für den Haushalt 2023 gemeinsam mit dem Stadtrat zu arbeiten.

Hunderteuroscheine und Fünfzigeuroscheine gestapelt

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