Die Idee einer neuen Grundschule stößt an viele Grenzen

|   KategorienStadt Bautzen
Eien Gruppe von Schülern befindet sich im Klassenzimmer und macht Pause

In der letzten Sitzung am 19. Juni legte Bürgermeister Dr. Robert Böhmer noch einmal deutlich die Positionen des Landkreises, des Landesamtes für Schule und Bildung (LaSuB) und der Stadt dar.

Wie ist die Ausgangslage?
Seit einigen Jahren beobachten wir in Bautzen den Trend einer steigenden Geburtenrate. Das ist sehr erfreulich und vor einem Jahrzehnt demographisch so nicht erwartet worden. Die Konstellation birgt aber auch Herausforderungen. Die Verwaltung suchte deshalb gemeinsam mit dem Stadtrat nach Möglichkeiten, diesen zu begegnen. Ein neuer Kindergarten befindet sich bereits im Bau. Es stellt sich auch die Frage nach einer neuen Grundschule. Neben dem Angebot eines freien Trägers ist auch der Neubau einer städtischen Einrichtung eine Option. Mit der Brache der ehemaligen Perfekta an der Dr.-Peter-Jordan-Straße wurde nach zwei Untersuchungen ein machbarer Standort für die Errichtung einer städtischen Grundschule gefunden.

Wie beurteilt die Stadt einen Neubau?
Die Kosten für einen Neubau werden auf ca. 12 Millionen Euro geschätzt. Dadurch entstünde eine erhebliche Belastung des städtischen Haushalts. Auch die Aussicht auf eine nennenswerte Förderung durch den Freistaat Sachsen ist nicht besonders gut. In diesem Zusammenhang verwies Dr. Böhmer darauf, dass Stadträte und Verwaltung anderen Vorhaben gemeinsam Priorität einräumen wollen. Dazu zählen unter anderem der dringend benötigte Neubau einer Sporthalle für die Gymnasien sowie einer neuen Feuerwache in Salzenforst. Sollte der neu gewählte Stadtrat die Errichtung einer neuen Grundschule beschließen, müsste an anderer Stelle massiv gespart werden. Denn alle bisher als gewollt signalisierten größeren Investitionen – u.a. auch anstehende Straßenbaumaßnahmen oder die Sanierung der Dr.-S.-Allende-Oberschule – wären gemeinsam nicht finanzierbar.

Auch über die finanziellen Aspekte hinaus ist der Bau einer Grundschule zu hinterfragen. Eine neue Einrichtung könnte voraussichtlich erst ab dem Jahr 2025 in Betrieb genommen werden. Dann, das zeigt die Statistik, wird der Höhepunkt der Schülerzahlen aber bereits überschritten sein. Denn in Bautzen leben heute deutlich weniger junge Frauen und Familien als in den vergangenen Jahrzehnten. Höhere Geburtenraten stabilisieren in dieser Konstellation im Wesentlichen zunächst „nur“ das vorherige Geburten- und Abwanderungsdefizit, insbesondere aus den 90er Jahren. Steigende Schülerzahlen sind bis zum Schuljahr 2023/24 zu erwarten – danach werden sie nach jetziger Datenlage wieder merklich zurückgehen.

Welche Signale sendet der Freistaat?
Den scheidenden Stadträten präsentierte Dr. Robert Böhmer eine kurze Stellungnahme des Landesamtes für Schule und Bildung (LaSuB). Wenngleich die Behörde die Einrichtung einer Grundschule für grundsätzlich notwendig erachtet, wird der Neubau einer städtischen Einrichtung kritisch betrachtet. Um ein solches Vorhaben zu rechtfertigen, müsste die Einrichtung nachweislich auch über einen großen Zeitraum ausgelastet sein. Auch dürfe man die Augen nicht vor dem Problem des Lehrermangels verschließen. So heißt es in der Stellungnahme des LaSuB: „Richtet ein öffentlicher Träger die Schule ein, so ist es danach unsere Verantwortung, Lehrerpersonal und Schulleitung an diesen Standort zu bringen. Selbstverständlich ist dies gegenwärtig unter den bekannten Umständen nicht sofort zu realisieren“. 

Wie positioniert sich der Landkreis?
Verantwortliche des Landkreises Bautzen, der für die Schulnetzplanung zuständig ist, äußerten sich ebenfalls kritisch. In ihrer Stellungnahme werden Zweifel an der Notwendigkeit eines Neubaus deutlich. Zwar sind dem Landkreis die Herausforderungen, die sich aus den hohen Schülerzahlen ergeben, bewusst. Dennoch erkennt man darin „kein signifikantes Signal“ für eine neue städtische Grundschule. Mit Blick auf den Bautzener Haushalt ist auch ein weiterer Hinweis von Bedeutung. So heißt es in der Stellungnahme des Landkreises: „Fördermittel für den Schulhausbau stehen frühestens in zwei Jahren wieder zu Verfügung.“

Ist eine freie Grundschule eine Lösung?
Unter Abwägung der Gesamtsituation begrüßt Dr. Robert Böhmer das Angebot eines freien Trägers. Dieser bekräftigte jüngst sein Interesse an dem Vorhaben nochmals deutlich, in Bautzen eine eigene Grundschule zu eröffnen. Ein geeigneter Standort wird bereits genannt: die Löbauer Straße 77. Dort hat es bereits eine Schuleinrichtung gegeben. Für den freien Träger spricht neben der finanziellen Entlastung der Stadt insbesondere der Faktor „Zeit“. Am gewünschten Standort könnte eine Grundschule unter freier Trägerschaft voraussichtlich schon im Schuljahr 2021/22 in Betrieb gehen – genau dann, wenn der Bedarf am größten ist. „Wichtige Weichen sind gestellt“, verkündete Dr. Böhmer in der Stadtratssitzung. „Der freie Träger möchte sich zeitnah dem neuen Stadtrat vorstellen“.

Auch die Verantwortlichen des Landkreises Bautzen empfehlen in ihrer Stellungnahme, das Angebot des freien Trägers ernsthaft zu berücksichtigen: „Es wird unterstellt, dass eine Schule in freier Trägerschaft unter den jetzigen Rahmenbedingungen schnell und flexibel einsatzfähig wäre“. Ab August 2019 wird sich der neue Stadtrat intensiv mit der Lage befassen und möglichst zeitnah im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung 2020 eine Lösung auf den Weg bringen.

Eien Gruppe von Schülern befindet sich im Klassenzimmer und macht Pause

Zurück