Die Verbindung ist unterbrochen – so heißt es aktuell, auf der Zugstrecke zwischen Dresden und Görlitz im Streckenabschnitt ab Demitz-Thumitz. Diesen Umstand fehlender Elektrifizierung der Bahnstrecke und damit verbundener regionaler Abkopplung wollen die Stadt Bautzen und der Landkreis Bautzen nicht hinnehmen und haben sich Unterstützung aus dem Landkreis Görlitz, der Landeshauptstadt Dresden sowie den Städten Görlitz und Hoyerswerda geholt. Auf der Regionalkonferenz Oberlausitz positionierten sich Landräte und Oberbürgermeister gegenüber dem Freistaat Sachsen zur Umsetzung des Landesentwicklungsplanes Sachsen aus dem Jahr 2013. Diese Rechtsverordnung, also geltendes Recht, besagt, dass bis 2023 leistungsfähige Verkehrsanbindungen von Schiene und Autobahn zu erzeugen sind. Darunter fällt auch die lückenlose Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden – Bautzen – Görlitz. „Wir akzeptieren nicht länger, dass dieses Recht seit Jahren vor Bautzen ausgesetzt ist und die wirtschaftliche Entwicklung der Region gefährdet wird“, kritisiert Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt die Situation. Bautzens Landrat Udo Witschas pflichtet ihm bei und unterstreicht die Wichtigkeit des Vorhabens. „Eine leistungsfähige Infrastruktur ist das Rückgrat jeder wirtschaftlichen Entwicklung – und insbesondere die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden–Görlitz ist dabei von zentraler Bedeutung, ähnlich dem Ausbau der Bundesautobahn A4. Dies ermöglicht nicht nur eine moderne und nachhaltige Mobilität, sondern sichert auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Region und die Erreichbarkeit für Menschen und Unternehmen. Die Lösungswege liegen längst auf dem Tisch – es braucht jetzt den politischen Willen, sie auch konsequent zu gehen. Der Landkreis Bautzen wird gemeinsam mit seinen Partnern nicht nachlassen, die Interessen Ostsachsens mit Nachdruck zu vertreten“, so der Landrat. Sein Amtskollege aus Görlitz, Dr. Stephan Meyer, führt die besondere Bedeutung der Oberlausitz an: „Wir wollen wettbewerbsfähig bleiben und aufzeigen, dass Ostsachsen und die Lausitz zentral in Europa auf der transeuropäischen Achse Dresden – Berlin – Breslau/Wroclaw liegt. Gerade deshalb müssen wir diesen Schulterschluss zeigen und ein durchgängig elektrifiziertes Schienennetz sicherstellen.“
Innovationskorridor nach Südberliner Vorbild
Die Regionalkonferenz im Kreistagssaal des Bautzener Landratsamtes diente neben der politischen Positionierung gleichermaßen auch der Übermittlung von Impulsen für die Region. Unter dem Titel „Was haben Florida und der Innovationskorridor gemeinsam?“ referierte Roland Sillmann, Geschäftsführer der WISTA Management GmbH, die als landeseigener Standortentwickler, Dienstleister und Wirtschaftsförderer in Berlin Strukturwandelprojekte begleitet. In seinem Referat zeigte Sillmann die großen Potenziale aus dem Transfer von Wissenschaft in die Wirtschaft anhand des Beispiels Technologiepark Berlin-Adlershof.
Der Fragestellung „Wie aus einem Infrastruktur-Korridor ein Innovations-Korridor zwischen Stadt und Land wachsen kann?“ ging im Anschluss Thomas Kralinski, Staatssekretär für Wirtschaft und Arbeit, nach. Aufbauend auf den Impulsen seines Vorredners adaptierte Kralinski die Chancen, aber auch Herausforderungen auf die Region Ostsachsen.
Oberzentraler Städteverbund einig: Ostsachsen nicht abhängen!
Bautzen verbündet sich mit Hoyerswerda und Görlitz, um der besonderen Rolle in Ostsachsen im Oberzentralen Städteverbund (OSZV) nachzukommen. Mit dem entstehenden Innovationskorridor entlang der Autobahn A4 hin zur polnischen Grenze wirkt die Region auch im paneuropäischen Kontext stark mit. Silicon Saxony, Net Zero Valley, Deutsches Zentrum für Astrophysik und das Bauforschungszentrum Living Art of Building erfordern eine zukunftsweisende und belastbare Infrastruktur. „Seit über 20 Jahren besteht das deutsch-polnische Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindungen Berlin – Warschau (Warszawa) und Dresden – Breslau (Wroclaw). Das ein kleines Teilstück zur Landeshauptstadt fehlt, ist den Menschen in Europa nur schwer zu vermitteln und erfordert politisches Handeln“, unterstützt Octavian Ursu, Oberbürgermeister von Görlitz, das Anliegen im gemeinsamen Städteverbund. Bautzen, Görlitz und Hoyerswerda übernehmen darin Aufgaben als gemeinsames Oberzentrum. „Die damit verbundenen Rechte und Pflichten können wir nur dann an- und wahrnehmen, wenn wir Rückendeckung vom Freistaat und Bund bekommen“, ergänzt Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh aus Hoyerswerda.
Unterstützung bekommen die Landräte und Oberbürgermeister auch aus der Landeshauptstadt. „Die ostsächsische Wertschöpfung hört nicht vor Dresden auf, sondern ist ebenso integraler Bestandteil. Gerade durch das Pendlerverhalten der Region sind wir auf belastbare Verkehrswege angewiesen“, so Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert.
Sächsische Politik sollte sächsischen Interessen folgen
Vor dem Hinblick der demografischen Entwicklung und erwachsenen Bedarfe des Fachkräftemangels erscheint es gerade jetzt umso wichtiger, die Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit zwischen Elbe und Neiße zu sichern. Die Zahlen sind eindeutig: Die dringend notwendige Elektrifizierung sichert für 52 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort und knapp 44 % aller Einwohnerinnen und Einwohner die Mobilität sowie die Erreichbarkeit der Unternehmen vor Ort.
Die Regionalkonferenz stellt einen Auftakt dar, um nachhaltig an den Themen zu arbeiten. So arbeitet der OSZV bereits intensiv daran, dem wegweisenden Spektrum der Mobilität auf Bundes- und Landesebene Nachdruck zu verleihen. Sowohl für die künftige Landes- als auch Bundesregierung.