Die Stadt Bautzen entwickelt sich in vielerlei Hinsicht positiv. Sie ist der attraktivste Arbeitsort der Oberlausitz, sie soll auch ein attraktiver Wohnstandort sein. Eine überdurchschnittliche Geburtenrate ist ein Indiz für diese Entwicklung, sie stellt die regionale Politik allerdings auch vor wichtige Entscheidungen. Dazu gehört die Frage, ob die vorhandene Grundschulkapazität den zu erwartenden Bedarf decken kann. Die Debatte darum wird teils sehr emotional geführt. Darum will die Verwaltung hier einige Fragen sachlich beantworten:
Warum werden in Bautzen die Grundschulplätze knapp?
Seit einigen Jahren beobachten wir in Bautzen den Trend einer steigenden Geburtenrate. Das ist sehr erfreulich und vor einem Jahrzehnt demographisch so nicht erwartet worden. Die Konstellation birgt aber auch Herausforderungen. So begannen in diesem Jahr die Bauarbeiten für eine 5,5 Millionen Euro teure neue Kindertagesstätte am Schützenplatz. Bis 2020 entstehen hier insgesamt 36 Krippen-, 135 Kindergarten- und 15 Hortplätze. Mit dem entsprechenden Zeitverzug werden diese Kinder schulpflichtig, so dass wir in den nächsten vier Jahren einen nochmals steigenden Bedarf im Grundschulbereich prognostizieren. Schon jetzt stößt die Grundschulkapazität an Grenzen. Mit verschiedenen ausgleichenden Maßnahmen wird die Stadt bis zum Schuljahr 2023/24 gegensteuern müssen. Das können Interimslösungen, erweiterte Beschulungen bei Freien Trägern und eine vollständige Auslastung bestehender Kapazitäten sein.
Baut die Stadt jetzt eine neue Grundschule?
Grundsätzlich gilt: Eine höhere Geburtenrate heißt noch nicht, dass in den entsprechenden Jahren tatsächlich auch mehr Kinder als in den Jahren zuvor geboren werden. Denn in unserer Stadt leben heute deutlich weniger junge Frauen und weniger Familien als in den vergangenen Jahrzehnten. Höhere Geburtenraten stabilisieren in dieser Konstellation im Wesentlichen zunächst „nur“ das vorherige Geburten- und Abwanderungsdefizit, insbesondere aus den 90er Jahren. Dennoch werden bis zum Schuljahr 2023/24 steigende Schülerzahlen erwartet – danach werden die Schülerzahlen nach jetziger Datenlage wieder merklich zurückgehen. Eine neue Grundschule würde aber voraussichtlich erst im Jahr 2025 in Betrieb gehen können. Interimslösungen oder Angebote Freier Träger werden also unabhängig vom Bau einer neuen Grundschule zuvor schon notwendig sein.
Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend und notwendig, die grundsätzliche Planung einer weiteren Grundschule im kommunalen Haushaltsetat kritisch zu hinterfragen. Denn alle bisher als gewollt signalisierten größeren Investitionen – u.a. auch anstehende Straßenbaumaßnahmen, die Sanierung der Dr.-S.-Allende-Oberschule, eine Sporthalle für die Gymnasien − sind im Mittelfristplan des Haushalts nicht finanzierbar. Es fehlt der finanzielle Spielraum, es müsste auf zumindest ein Vorhaben verzichtet oder Planungen revidiert werden. Zur Vorlage eines rechtskonformen Haushalts ist jedoch eine – wenn auch unbequeme − Entscheidung notwendig, die letztlich in der Hoheit des Stadtrates liegt.
Bautzen hat sich zwar wirtschaftlich und haushaltspolitisch gut entwickelt, muss aber dennoch mit den zur Verfügung stehenden Steuermitteln weiterhin verantwortungsbewusst und überlegt wirtschaften. Eine neue Grundschule war in den vergangenen drei Jahren stets erklärtes Ziel der Verwaltung. Einigung über den Standort konnte lange nicht erzielt werden. Zudem gab es einzelne Zweifel an der langfristigen Bedarfsnotwendigkeit. Weitgehend unklar ist zudem, welche Interessen und Vorhaben andere beteiligte Institutionen vertreten. Beispielsweise gibt es noch keine klare Aussage des Landratsamtes zur Schulnetzplanung für den Landkreis. Auch die Fördermittelfrage (Landesmittel) und die Frage der Beschulung durch entsprechende Lehrer sind mit den derzeit vorliegenden Zahlen für die Zeit nach 2023/24 mit starken Ungewissheiten belastet.
Die Stadt selbst hat es in der Vergangenheit versäumt, ausreichend Wohnanreize für junge Familien zu schaffen, um diese direkt an die Stadt zu binden. Die Entwicklung eines Wohnkonzeptes ist in Arbeit. Es wird im ersten Halbjahr 2019 vorliegen. Dennoch ist Wohnraumentwicklung ein langfristiger Prozess. Die verzeichnete Wanderungsbewegung junger Familien ins Umland bleibt deshalb eine weitere Unbekannte. Die Entscheidungsfindung ist also sehr komplex. Spekulationen und aufgeweckte Emotionen allein sind bei einer Entscheidung dieser Tragweite definitiv keine guten Ratgeber.
Warum wurde bereits über einen möglichen Standort entschieden?
Wie bereits erwähnt – die Stadt sieht im Bau einer neuen Grundschule grundsätzlich einen guten und richtigen Weg. Dazu gehört natürlich auch die Standortdiskussion. Mit der Brache der ehemaligen Perfekta an der Dr.-Peter-Jordan-Straße wurde nach zwei Untersuchungen ein machbarer Standort gefunden, der zudem einen weißen Fleck auf der Karte der Bautzener Grundschulstandorte abdeckt. Hier ließe sich eine 3-zügige Grundschule bauen. Je nach Klassenstärke und Zügigkeit könnten pro Jahr max. 84 Schüler aufgenommen werden.
Was kostet eine Grundschule?
Die Kosten für Planungen, Bau und Einrichtungen einer dreizügigen Einrichtung belaufen sich auf ca. 17 Millionen Euro. Ob die Stadt diesen Brocken allein stemmen muss, ist offen. Theoretisch ermöglicht der Freistaat Sachsen eine Förderung von bis zu 60 Prozent. Die Praxis aus Städten mit weitaus höherem Bedarf zeigt allerdings, dass Kommunen in Sachen Förderung gegenwärtig häufig leer ausgehen. Bei einer Klausur mit dem Stadtrat am 28. November 2018 einigte man sich nun für Bautzen auf die Option einer kleineren Grundschule. Denkbar wäre eine zweizügige Schule mit integrierter Hortbetreuung – es bleibt in jedem Fall ein Kompromiss. Kostenseitig liegt die grob überschlagende Einsparung für den Haushalt bei maximal 5 Millionen Euro.
Welche Alternativen könnte es zum Neubau einer Grundschule geben?
Der Neubau liegt in der Zukunft. Lösungen zur Deckung des Bedarfs werden unabhängig davon schon in den kommenden vier Jahren benötigt. Es gibt dabei keine einzelne Alternative sondern verschiedene Möglichkeiten. Deren Kombination könnte ein Lösungsansatz sein. So wird die ehemalige Gagarin-Schule im Stadtteil Gesundbrunnen seit Jahren als Ausweichstandort für zu sanierende Schulen genutzt. Hier ließen sich Räume für eine vorübergehende Grundschule ertüchtigen. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass der Bedarf nach dem Schuljahr 2023/24 wieder rückläufig ist. Somit wäre das Gebäude der ehemaligen Gagarin-Schule ein zeitlich befristetes Interim. Weiterhin gibt es Signale eines privaten Trägers, in Bautzen zeitnah eine kleinere Grundschule einrichten zu wollen. Träger und Verwaltung sind miteinander im Gespräch, eine Entscheidung gibt es jedoch noch nicht. Eine nächste Option wäre die Erweiterung bestehender Grundschulen. Nachfrage gibt es außerdem seit längerer Zeit von Eltern nach erweiterter Beschulung am Sorbischen Schulzentrum. Das befindet sich allerdings in Trägerschaft des Landkreises, Gespräche dazu laufen.
Wie lauten die nächsten Schritte?
Die Aufgabenstellung durch den Stadtrat ist nun relativ klar umrissen: Start der Planung einer zweizügige Grundschule mit Hort auf dem Gelände der ehemaligen Perfecta an der Dr.-Peter-Jordan-Straße für maximal 56 Schüler pro Jahrgang beginnen. Bis dahin werden die Position des Landkreises zur Schulnetzplanung, eine Stellungnahme des Landesamtes für Schule und Bildung sowie Prognosen des Statistischen Landesamtes eingeholt bzw. aktualisiert. Ebenso müssen die angesprochenen Alternativen konkreter benannt werden. Für die Planung des städtischen Haushaltes werden im Mittelfristplan des Finanzhaushalts in Jahresscheiben ab 2019 bis 2024 insgesamt 11,8 Millionen Euro eingestellt. Mitte des kommenden Jahres legt die Verwaltung alle Fakten erneut auf den Tisch und der Stadtrat fällt eine endgültige Entscheidung.