Nach den Kämmereibüchern sind nun auch die dazu gehörigen Kämmereibelege, die die städtischen Einnahmen und Ausgaben aus der Zeit von 1635 bis 1868 fast lückenlos dokumentieren, nach Trockenreinigung und Neuverpackung wieder zurück im Magazin des Stadtarchivs Bautzen. Damit stehen die Unterlagen nun (endlich) in einem wesentlich verbesserten Zustand der Forschung und sonstigen Interessierten zur Verfügung. Schon beim ersten, flüchtigen Blick in eine der Archivboxen kann man sehen, um was für einen Schatz es sich dabei handelt! Die Kämmereibelege geben uns heute einen tiefen Einblick in die damalige Zeit. Besonders die Aufwendungen für Baumaßnahmen sind detailliert nachvollziehbar. Zum Beispiel legte der städtische Baumeister, zu der genannten Zeit war das der auch über Bautzen hinaus bekannte Martin Pötzsch, dem städtischen Rat sogenannte „Bauzettel“ vor, auf denen genau vermerkt war, welche Arbeiten an städtischen Gebäuden oder Straßen anfielen, welche Materialien verwendet wurden und wie viele Personen beschäftigt waren. Weitere dieser quittungsartigen Abrechnungen finden sich auch für die Lieferung von Steinen, Holz und Dachziegel. Andere Konvolute geben Auskunft über die Vermietung städtischer Grundstücke und Gebäude. Mikroforschungen zur Handels- und Sozialgeschichte könnten auch anhand der umfangreich überlieferten Übersichten zu den Märkten, insbesondere den mehrmals jährlich stattfindenden Jahr- und Wollmärkten durchgeführt werden.
Deutlich erkennbar ist, dass die Kämmerei im Laufe der Jahre ihre eigene Aktenführung immer mehr verbesserte. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts finden sich dann in der Regel die Belege recht gut sortiert und entsprechend den Einträgen im Kämmereibuch klassifiziert. So liegen beispielsweise für das Jahr 1772 die Einnahmen (Percepta) und Ausgaben (Exposita) nicht nur im Kämmereibuch nach Kapiteln geordnet vor, sondern die Ordnung findet sich auch in den Belegen wieder, was die Nutzung deutlich erleichtert.
Die Kämmereibelege sind vor dem Stadtbrand vom 2. Mai 1634 vereinzelt, danach aber fast lückenlos bis 1868 vorhanden. Sie sind in 477 Archivboxen eingelagert und jetzt sehr komfortabel benutzbar. Eine vollständige Übersicht sowohl der vorhandenen Belege als auch der vorhandenen Kämmereibücher der Stadt Bautzen finden Sie online über unsere Homepage www.archivverbund-bautzen.de und hier über das Onlineportal Findbuch.net.
Für die nun abgeschlossene zweijährige Fördermaßnahme „Trockenreinigung und archivgerechte Verpackung von Kämmereiunterlagen aus dem Stadtarchiv Bautzen“ hat die Stadt Bautzen aus dem Sonderprogramm zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), umgesetzt durch die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) insgesamt 24.500 € Bundesmittel erhalten, die durch den Freistaat Sachsen mit Landesmitteln in Höhe von 15.000 € ergänzt wurden. Die aufgewendeten Eigenmittel betrugen 9.500 €.
Alles in allem handelt es sich bei dem Bestand um einen Quellenschatz, der detaillierte Forschungen v.a. zur Bau-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt ermöglicht, wie er sich in dieser kompakten Form von Anfang des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts in deutschen Archiven nur selten erhalten haben dürfte.