Sachsens Mittelstädte fordern mehr Dynamik in der Kommunalfinanzierung

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Frauen und Männer stehen vor weißem Gebäude

Am 15. September trafen sich die Repräsentanten von 15 sächsischen Mittelstädten mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) in Bautzen. Sie folgten einer Einladung von Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt. In ihrer etwa dreistündigen Klausur ging es um die aktuellen Verhandlungen des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) mit der Landesregierung zum Finanzausgleichgesetz (FAG). In einem FAG werden wichtige Fragen des kommunalen Finanzausgleichs und der Gemeindefinanzierung beantwortet. So erhalten Kommunen einen finanziellen Ausgleich, der beispielsweise von der aktuellen Einwohnerzahl abhängt. Mit dem Geld soll eine entsprechend notwendige Infrastruktur vorgehalten werden. Allerdings halten einige Verantwortungsträger eine solche pauschale Herangehensweise inzwischen für überholt, da die demografische Entwicklung keinerlei Berücksichtigung findet. Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt dazu: „Das Sächsische Finanzausgleichsgesetz folgt u.a. dem Prinzip, dass die Einwohner der jeweiligen Kommune veredelt werden. Durch dieses Vorgehen ist die finanzielle Ausstattung von Städten und Gemeinden unmittelbar an die Bevölkerungszahl gebunden. Dies führt in der Perspektive dazu, dass sich die Finanzen der Kommunen aufgrund der demographischen Entwicklung verschlechtern werden. Dem gegenüber steht jedoch, dass Mittelstädte und verbundene Oberzentren zentrale Aufgaben in der Fläche wahrnehmen und weiterhin vorhalten“.

Prof. Dr. Holm Große, Oberbürgermeister der Stadt Bischofswerda, forderte in einem weiteren Programmpunkt die Dynamisierung des Landeszuschusses für die Kinderbetreuung: „Wir Mittelstädte fordern den Freistaat Sachsen auf, dass er umgehend Festlegungen für die Dynamisierung des Kita-Landeszuschusses trifft. Es ist überfällig, dieses bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung verankerte Ziel umzusetzen, damit Eltern sowie die Städte und Gemeinden in Sachsen weitere Betriebskostensteigerungen, die insbesondere aus Tarifabschlüssen und Mehrbelastungen für zusätzliches Personal resultieren, künftig nicht mehr allein tragen müssen. Der Freistaat Sachsen wird weiterhin aufgefordert, im Sinne der in allen Bereichen notwendigen Fachkräftesicherung für den Landeszuschuss auch Betreuungszeiten von mehr als neun Stunden zu berücksichtigen, damit Eltern einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen können und dabei die Betreuung ihrer Kinder gesichert wissen“. Dieser Ansatz fand eine große Mehrheit. Es bestand Einigkeit, dass gut ausgebildetes Erzieherpersonal auch entsprechend gut bezahlt werden muss. Es ist aber nur eines von vielen Beispielen, bei dem die Unterfinanzierung der Kommunen zutage tritt. Hier sehen die Mittelstädte im Rahmen des FAG zwingenden Handlungsbedarf.

Weitere Kritik wurde im Zusammenhang mit der Finanzierung sich ständig ändernder gesetzlicher Rahmenbedingungen geübt. Die Teilnehmer verwiesen auf das Konnexitätsprinzip, wonach alle Kosten für Investitionen, Betrieb, Personal und Ersatzbeschaffungen auch vom Verursacher getragen werden müssten.

Im Zentrum eines Redebeitrags von Hoyerswerdas Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh stand der hohe Investitionsstau bei der verkehrlichen Infrastruktur. Hier fordert er neben Investitionen auch ein Umdenken in der Finanzierung von Betriebsleistungen: „Die nachfragebedingten Kürzungen der vergangenen 20 bis 30 Jahre hatten zum Beispiel Stilllegungen und auch Rückbau zahlreicher Schienenverbindungen im Personenverkehr zur Folge. Diese Kürzungen betreffen im Wesentlichen den ländlichen Raum mit seinen kleineren Städten und Mittelzentren. Die nachhaltige Verkehrswende beginnt jedoch im ländlichen Raum unter der Voraussetzung von starken Mittelzentren“. Laut Landesentwicklungsplan Sachsen 2013 wohnen 55,8 % der sächsischen Bevölkerung auf einer Fläche von 16,8 % (Verdichtungsräume). Die anhaltende Bevölkerungskonzentration und Zentralisierung aller Aufgaben der Daseinsvorsorge birgt immer stärkere Konflikte in diesen Räumen. Verfügbarer Wohn- und Lebensraum in den ländlichen Regionen bleibt ungenutzt aufgrund mangelnder Erreichbarkeit der zentralisierten Wirtschafts- und damit Arbeitsplatzstandorte. „Die Verbesserung der Erreichbarkeit muss verbunden werden mit der Verringerung von Zeitwiderständen, unabhängig vom Verkehrsträger“, fordert Ruban-Zeh. „Die Tendenz, weiterhin nachfragorientierte Planungen zu fördern, zeigt sich derzeit auch im Bereich des straßengebundenen öffentlichen Verkehrs und der Radverkehrsplanungen. Dabei ist die Förderung von Radschnellwegen an eine streckenbezogene Belegungszahl von zu erwartenden Radfahrern geknüpft, die im ländlichen Raum nicht erreicht werden kann“. Die Mittelzentren sowie Städte und Gemeinden fordern ein Umdenken von der Nachfrage- zur Angebotsplanung, insbesondere bei den Verkehrsträgern des Umweltverbundes.

Die Idee einer Arbeitsgruppe so genannter Mittelstädte aus Sachsen entstand in Grimma und wurde von Oberbürgermeister Karten Vogt mit seiner Einladung nach Bautzen forciert. Zwei Mal im Jahr möchte man in diesem Gremium Themen diskutieren und entsprechende Erfahrungen austauschen. Diese werden dann dem SSG übermittelt, der sie in seine Überlegungen und Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen einbeziehen soll. Am aktuellen Treffen nahmen neben den bereits zitierten die politischen Entscheider aus Annaberg-Buchholz, Borna, Coswig, Freiberg, Grimma, Limbach-Oberfrohna, Meißen, Wurzen und Zittau teil. Der SSG wurde durch den Stellevertretenden Geschäftsführer Ralf Leimkühler vertreten.

Frauen und Männer stehen vor weißem Gebäude
Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt und Repräsentanten der sächsischen Mittelstädte auf der Bautzener Ortenburg.

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