Informationen über das Verkehrsgeschehen im Verkehrsnetz der Stadt Bautzen sind wesentliche Grundlagen für die Verkehrsplanung allgemein sowie für die Verkehrsanlagenplanung im Speziellen. Die Informationen werden in der Regel durch Verkehrserhebungen gewonnen, wobei die Erhebungsmethoden stets der Planungsaufgabe anzupassen sind.

Neben Verkehrserhebungen zur Eruierung des Verkehrsgeschehens im Verkehrsnetz sind Verkehrsversuche ebenfalls potenzielle Methoden verkehrsplanerischer Untersuchungen. Durch Verkehrsversuche wird der Verkehrsablauf unter geänderten Rahmenbedingungen in einem bestimmten räumlichen Teilbereich des Verkehrsnetzes untersucht. Gleichzeitig werden gegebenenfalls auftretende Auswirkungen auf weitere Bereiche des Verkehrsnetzes analysiert. Verkehrsversuche der jüngeren Vergangenheit sind der Verkehrsversuch zur Freigabe der Fußgängerzone Reichenstraße/Hauptmarkt für den Fahrradverkehr aus dem Jahr 2018 sowie der Verkehrsversuch Kornmarkt/Lauengraben und Kreisverkehr Dresdener Straße/Schliebenstraße im Jahr 2015.

Verkehrsversuch zur Freigabe der Fußgängerzone Reichenstraße/Hauptmarkt für den Fahrradverkehr (Juli bis November 2018)

Grundsätzlich sind Fußgängerzonen dem Fußverkehr vorbehalten. Andere Verkehrsarten sind in diesen Bereichen nicht zugelassen. Im Bereich Reichenstraße/Hauptmarkt wird mit dieser Regelung die Wahrung eines attraktiven Aufenthaltsraumes unterstützt. Der Hauptmarkt und die Reichenstraße laden, durch die ansässigen Gastronomie- und Einzelhandelsgeschäfte, zum Verweilen und Einkaufen ein. In der Vergangenheit wurde sich immer wieder mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Benutzung der Fußgängerzone durch den Radverkehr unter den gegebenen Rahmenbedingungen möglich sei. Die unmittelbare Erreichbarkeit der Geschäfte im Altstadtbereich wird dadurch auch für Radfahrer verbessert. Der Verkehrsversuch sollte eine objektive Beantwortung der Fragestellung, ob die Verträglichkeit der Verkehrsarten unter den örtlichen Bedingungen gegeben ist, ermöglichen.

Grundlage zur Durchführung des Verkehrsversuches bildet § 45 Abs. 1 Nr. 6 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Erforschung des Verkehrsverhaltens und der Verkehrsabläufe. Der Versuchszeitraum verlief von Juli bis November 2018. Die Bautzener Öffentlichkeit wurde gebeten, Ihre Meinung zum Verkehrsversuch der Stadtverwaltung mitzuteilen.

Zusammenfassend werden die folgenden Aspekte der ablehnenden Äußerungen aufgeführt (Auflistung absteigend nach Häufigkeit der Nennung):

  • Der Wunsch, die Fußgängerzone als Boulevard beizubehalten (Einkaufs- und Touristenbereich). Entspanntes Flanieren ohne die Angst vor möglichen Kollisionen.
  • Die Reichenstraße verliert ihre Attraktivität für Familien.
  • Das Fahrrad kann auch geschoben werden.
  • Radfahrer sind zu schnell unterwegs.
  • Alternative Routen stehen zur Verfügung.
  • Unruhe und Unfallgefahr nehmen zu.
  • Die Erreichbarkeit der Geschäfte ist bereits gewährleistet.

Als wesentlicher Aspekt in den eingegangenen positiven Stellungnahmen wird aufgeführt, dass die Radfahrer mit Rücksichtnahme die Fußgängerzone passieren. Ein Konfliktpotenzial wird durch die neue Regelung nicht erkannt. Ferner würden die Innenstadt sowie deren Erreichbarkeit attraktiver, nicht nur für ältere Mitbürger. Positiv wird weiterhin gewertet, dass das neue Miteinander ein Gewinn ist – Vorteile für Radfahrer; für Fußgänger gibt es keine Nachteile. Die alternativen Routen (Kesselstraße, Wendische Straße) werden als zu unsicher empfunden (Beschaffenheit, Überlagerung ruhender Verkehr, motorisierter Verkehr, Fuß- und Radverkehr).

Die Unfallauswertung für den Bereich des Verkehrsversuches ergab keine Auffälligkeiten.

Eine Fortführung des Verkehrsversuches wurde Anfang Dezember 2018 durch den Bauausschuss der Stadt Bautzen abgelehnt.

Verkehrsversuch Kornmarkt/Lauengraben und Kreisverkehr Dresdener Straße/Schliebenstraße (2015)

Ende Januar 2015 wurde auf Grundlage des Verkehrsentwicklungsplanes für die Innenstadt Bautzen auf der S 111, zwischen der Äußeren Lauenstraße bis westlich des Holzmarktes, im Rahmen eines Verkehrsversuches eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h umgesetzt. Zielstellung für diese Maßnahme war die Verkehrsberuhigung und damit die Verbesserung der Wohn- und Aufenthaltsqualität in diesem Bereich sowie die Verminderung der Konflikte der Verkehrsteilnehmer untereinander. Der Verkehrsversuch wurde Ende April 2015 durch die Einrichtung eines provisorischen Kreisverkehres am Knotenpunkt Dresdener Straße/Schliebenstraße erweitert.

Parallel dazu wurde untersucht, wie sich durch die Maßnahmen der Verkehr auf der Westtangente (Siemensstraße) entwickelt. Anhand der vergleichenden Querschnittzählung auf der Westtangente konnte festgestellt werden, dass die Wirksamkeit dieser in den letzten Monaten nochmal deutlich zugenommen hat.

Mit den im Weiteren durchgeführten Verkehrserhebungen (Querschnitt- und Knotenpunktzählungen, Rückstaulängenerfassung und Reisezeitmessungen) vor und während der Durchführung des Verkehrsversuches konnten die verkehrlichen Auswirkungen sowohl in der Innenstadt als auch an anderen maßgeblichen Querschnitten der Stadt dargestellt werden. Es zeigte sich, dass sich eine Reihe positiver Änderungen im Verkehrsablauf ergeben haben:

  • Die Belastung zu Spitzenzeiten nahm an der Vogelkreuzung (Knotenpunkt Äußere Lauenstraße/Friedensbrücke/Lauengraben) um etwa 10 Prozent ab.
  • Der Rückstau an der Vogelkreuzung aus Richtung Friedensbrücke konnte reduziert werden.
  • Der Verkehr zwischen Schliebenstraße und Kornmarkt ist in beide Richtungen flüssiger geworden.

Die versuchsweise Umsetzung des Knotenpunktes Dresdener Straße/Schliebenstraße als provisorischer Kreisverkehr hat sich bewährt: Die Untersuchungen haben ergeben, dass damit ein geregelter, leistungsfähiger und behinderungsarmer Verkehrsablauf möglich war. Durch den Kreisverkehr können zudem Nachfrageschwankungen wesentlich besser abgefangen werden. Die dauerhafte Umsetzung des Kreisverkehres im Jahr 2016 als Regellösung bot zudem die Chance, den vorhandenen öffentlichen Raum deutlich aufzuwerten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Nach Auswertung des Verkehrsversuches wurden die dauerhafte Anordnung der Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h zwischen der Äußeren Lauenstraße bis westlich des Holzmarktes sowie der Umbau des Knotenpunktes Dresdener Straße/Schliebenstraße zum Kreisverkehr beschlossen.